Dez 6

Astrofotografie im Schnelldurchgang – Bild-Kalender 2021

Hallo liebe Sternenfreunde,

auch wenn uns das C-Wort dieses Jahr voll im Griff hatte: die Gartensternwarten und die wanderlustigen Astrofotografen haben sich nicht abschrecken lassen. In diesem Jahr präsentieren wir euch daher einige besondere Nikolaus-Geschenke:

  1. zum Kalender gibt diesen Artikel als PDF, den man Interessierten ausdrucken oder den Link dazu mit geben kann:
    AVVP Bildkalender 2021 Informationen (Astrofotografie im Schnelldurchgang)
  2. Zusätzlich hat Yannik hat eine schöne Informations-PDF erstellt mit vielen detaillierten Informationen zu den Bildern:
    AVVP-Kalender 2021 – Informationen zu den Bildern
  3. Und hier ist das Meisterstück in einer Webversion (danke Yannick):
    AVVP-Kalender 2021 Webübersicht
  4. Und die Bilder in einer Version ohne Subtitel (danke an die Fotografen). Alle Bilder unterliegen dem Urheberrecht der jeweiligen Fotografen. Der Verein hat lediglich das Nutzungsrecht hier zur Darstellung (danke dafür);

Intro

Viele von euch fragen sich sicher, wie diese fantastischen Aufnahmen  entstehen, und wie Amateurastronomen in der lichtverschmutzten Vorderpfalz so etwas zu Stande bringen. Deshalb nehmen wir euch ein winziges Stück mit und ergreifen die Gelegenheit für einen kleinen Rundumschlag zu den Bildern und Aufnahmetechniken. Diese Einführung richtet sich nicht ausdrücklich nicht an Profis, sondern an Einsteiger oder ggf. auch solche ohne Vorwissen, welche die Stichpunkte und Links für eigene, weitere Recherchen nutzen können. Aus diesem Grunde werden Profis auch teils etwas waage Aussagen finden, die nicht 100% zutreffen (insbesondere in Bezug auf die Aufnahmetechnik). Daher gilt: dies ist nur ein allererster Überblick.

Die eigentlichen Motive werden kurz in einem separaten Dokument vorgestellt und in der Einführung zur Astrofotografie geht es um die Themen:

  • Wie entstehen LRGB Aufnahmen bzw. Falschfarbenbilder mit Astro- Monochrom Kameras
  • Milchstraßen-Bilder mit der DSLR
  • Planetenbilder

Clear Skies, Grüße zum Nikolaustag und frohe Feiertage
wünscht euch AVVP Team

Astrofotografie im Schnelldurchgang

Was die Objekte im Himmel “ausstrahlen”

Motive des Himmels

Wir beschränken uns in unserer kurzen Einführung zur Astrofotografie auf diejenigen Objekte, die wir in diesem Kalender abgebildet haben. Dabei begeben wir uns von der größten Dimension hin zu immer höheren Vergrößerungen. Die visuelle Astronomie ist eine – mit Einschränkung – völlig andere Sache und wird hier nicht behandelt. Die Astrofotografie ist eine handwerkliche Kunst. “Klick und im Kasten” – das geht hier nicht. Auch beschränken wir uns hauptsächlich auf die Fotografie astronomischen Monochrom Kameras oder einer DSLR (Ausnahme: Planeten).

Der Himmel

Das erste Motiv, welches wir euch vorstellen wollen ist der Himmel selbst, mit Wolken, dem Nebel in den Tälern, der Landschaft, den Lichtern der Städte, des Mondes, der Sonne usw. Hier verschwimmen Natur-, Landschafts- und Astrofotografie. Eine beliebige Kamera oder ein Handy und ein Stativ reichen aus.

Milchstraße

Das zweite Motiv ist das  Sternenzelt – unsere Galaxie selbst. Wir nennen sie auch Milchstraße. Sie hat einen Durchmesser von ca. 100 000 Lichtjahren. Diese Bilder bestechen vor allem durch die schiere Fülle an Sternen und die in der Milchstraße enthaltenen Nebel.. Die Ausdehnung der Milchstraße ist am Himmel so groß, dass man ein Weitwinkel-Objektiv benötigt. Theoretisch genügt ein einfaches Fotostativ und ein bisschen Geschick bei der elektronischen Bildbearbeitung. Praktisch ergänzen die Fotografen Ihre Ausrüstung oft um leichte Reisemontierungen (Astrotracker), welche auf dem normalen Fotostativ montiert werden und in jedem Rucksack Platz finden. Die Herausforderung stellt sich bei der Planung des  Aufnahmezeitpunktes und der Wahl eines guten Standortes mit einem ansprechenden Hintergrundmotiv.

Emissionsnebel

Die dritte große Gruppe, die auch in unserem Kalender dominant ist, bilden eine Teilgruppe der so genannten Deep Sky Objekte. Es handelt sich um Wolken interstellaren Gases, die in der Regel durch zentrale oder benachbarte Sterne zum Leuchten angeregt werden. Diese Objekte sind Teil unserer Milchstraße, wie im Übrigen alle sichtbaren Sterne auch (ja, alle Sterne!).  Wir bezeichnen diese wunderschönen Objekte als Emissionsnebel (Definition: Emission ist das Aussenden von Licht einer speziellen Farbe bzw. Wellenlänge). Man muss sich vor Augen halten, dass diese Objekte riesige Ausmaße haben – nicht nur am Himmel, sondern auch in der Realität. Wie oben genannt hat unsere Milchstraße ca. einen Durchmesser von 100 000 Lichtjahren und somit sind die Dimensionen und Entfernungen der Objekte je nach Abstand zu uns entsprechend riesig, sonst würden wir sie nicht sehen können. Wir sprechen hier von Dimensionen, die unser Sonnensystem um viele Größenfaktoren überschreiten. Die Nebel bestehen entweder aus den Überresten von explodierten oder sterbenden Sternen oder aus Gaswolken, die sich verdichtet haben und nun Sternentstehungsgebiete bilden.

Ihre Leuchtkraft ist in der Regel sehr gering. Letzteres zieht lange Belichtungszeiten nach sich. Ein typischer Vertreter dieser Gattung, den fast jeder kennt weil er doch relativ hell ist und mit bloßem Auge zu erkenn, ist der Orionnebel im gleichnamigen Sternbild. Die Ausdehnung dieser Objekte umfasst unter Umständen mehrere Vollmond Durchmesser.

Um sich vorzustellen, wie “dünn” die Konzentration des Gases in diesen Nebeln ist, hier ein Vergleich für einen Würfel mit einem Zentimeter Kantenlänge. Dieser enthält:

  • in der Erdatmosphäre
    • 10^19 Moleküle (10 „hoch“ 19, also eine 1 mit 19 Nullen)
  • Bestes, künstliches Hochvakuum auf der Erde
    • 10^5 (100 000) Moleküle
  • im interstellaren Gas
    • 1 Molekül (70 % Wasserstoff, Rest meist Helium)

Auch was die Astrophysik angeht, sind diese Objekte äußerst interessant: weiße Zwerge, Magnetare, Neutronensterne, Sternentstehungsgebiete mit blauen Riesen, sterbende rote Riesen um nur einige zu nennen. Die Gründe für das Aufleuchten der Wolken sind hochinteressant und der Erforschung wert.

Aufgrund ihrer geringen Leuchtkraft ist präzises und teils teures Equipment notwendig, um hochwertige und detailreiche Fotografien zu erhalten. Damit die Bilder scharf bleiben und die Sterne rund, muss die Erdrotation mit Montierungen während der Langzeitbelichtungen exakt ausgeglichen werden. Dies geschieht oft unter zu Hilfenahme einer separaten kleinen Kamera an einem sogenannten Leitfernrohr (“Guiding” genannt). Viele dieser Aufnahmen, die teilweise über Tage und Wochen oder auch Jahre entstehen, werden hinterher miteinander mit speziellen Bildverarbeitungsalgorithmen verrechnet (“Stacking”). Die elektronische Bildbearbeitung im Nachgang stellt eine anspruchsvolle Herausforderung dar (EBV). Viele dieser Bilder werden mit Monochrome Kameras und speziellen Schmalbandfiltern (siehe unten) hergestellt und sind aufwendig in der Erstellung und Bearbeitung. Es handelt sich um dabei meist um  Falschfarbenbilder. Z.B. wird dann die “Hubble-Palette” verwendet. Mann kann aber mit Schmalbandfiltern auch ein reales Mapping der Farben erreichen (LRGB)..

Kometen,  Planeten und die Sonne

Die vierte Motivgruppe, welche unserem Kalender zu sehen ist, stammt aus unserem Sonnensystem. Es handelt sich hier um  Kometen,  Planeten und die Sonne. In der eben genannten Reihenfolge nimmt die Objekt Helligkeit stark zu. Teilweise sind daher besondere Aufnahmetechniken beziehungsweise optische Komponenten sinnvoll oder sogar notwendig, um befriedigende Resultate zu erzielen.

  • Kometen sind lichtschwach und müssen länger belichtet und nachgeführt werden, und zwar etwas anders als Fotografien von Sterne, da sie sich relativ dazu bewegen.
  • Planeten sind in der Regel heller, erfordern aber hohe Vergrößerungen, damit das Planetenscheibchen auf dem Kamerasensor eine sinnvolle Größe erhält. Zusätzlich werden oft spezielle Komponenten eingesetzt, um die durch die Atmosphäre hervorgerufenen Farbfehler zu korrigieren (Korrektur der atmosphärischen Dispersion – ADK).
  • Die Sonne wiederum ist extrem hell, und um die Kamera zu schützen und  Oberflächendetails hervorzuheben, bedarf es spezieller und teils sehr teurer optischer Komponenten (H-Alpha-Filter und Filter zur Reduktion der auftreffenden Sonnenwärme).

Andere Objekte

Es gibt noch zahlreiche Objekte, für die es jedoch in unserem Kalender keine Aufnahme gibt. Auch wenn solche Aufnahmen in der Auswahl waren, sind  offene bzw. Kugelsternhaufen, die Teil unserer Galaxis sind nicht enthalten. Auch gibt es leider kein Bilder von Doppelsternen. Auch gibt es keine Bilder von reflektierenden Nebeln oder Dunkelwolken (nur indirekt). Auch extragalaktische Objekte, wie ferne Galaxien außerhalb der Milchstraße sind in diesem Jahr nicht in den Druck gegangen.. Aus diesem Grund gehen wir hier nicht näher darauf ein.

Spektren – zeigt her eure Farben

Das Licht-„Spektrum“ umfasst alle bekannten Wellenlängen der elektromagnetischen Strahlung. Von den extrem kurzweiligen Strahlungsarten wie Gamma- oder Röntgenstrahlung, die für das menschliche Auge unsichtbar sind bis hin zu extrem langen Strahlungen wie den Radiowellen. Der Begriff Strahlung und Welle wird in diesem Zusammenhang  oft synonym verwendet.

Zwischen Gamma- und Radiowellen befindet sich ein extrem kleiner Bereich, den wir als (für das Auge) sichtbares Licht kennen. Er erstreckt sich von blau über Türkis, grün, gelb, orange bis hin zum rot. An das blaue Band (kurzwellig) grenzt die ultraviolette Strahlung an, die uns im Sommer die Haut verbrennt und am anderen Ende des sichtbaren Bereichs (langwelliger) die Infrarotstrahlung, die uns wärmt oder mit der wir unseren Leguan im Terrarium mit einer Rotlichtlampe erfreuen. Beide Strahlungsbereiche sind auch hier für das menschliche Auge nicht sichtbar, wir spüren lediglich deren Auswirkung.

Eine sinnvolle  Maßeinheit für die Wellenlänge des Lichts ist Nanometer. Zumindest für den Bereich des sichtbaren Lichts. Dieser für das Auge wahrnehmbare Bereich erstreckt sich von circa 400-700 nm bei Tag (Peak bei Grün/Gelb von 555nm) und 450 bis 600nm bei Nacht (Peak beiBlau/Grün und 507nm).

  • Abkürzung „nm“
  • 1 nm = 0, 000 001 mm
  • Vergleiche: Virus ~100nm, Zelle 1000nm, Haar 10 000nn.

Das Auge hat eine unterschiedliche Empfindlichkeit für die Wahrnehmung der Farben (Wellenlängen). In der Nacht ist dies unteschiedlich zum Tag. Um die volle Leistungsfähigkeit (Dunkeladaption) für das “Nachtsehen” zu erreichen, benötigt das Auge zwischen 30 und 45 Minuten.

Sichtbares Lichtspektrum – Empfindlichkeit (oben 100%) und der Unterschied zwischen Tag- und Nachtsehen. 400-700 nm bei Tag (Peak bei Grün/Gelb von 555nm) und 450 bis 600nm bei Nacht (Peak bei Blau/Grün und 507nm).

Was die Kamera sieht

Auffällig bei dem Spektrum des sichtbaren Lichtes ist (siehe voriger Abschnitt), dass bei dem, was das Auge wahrnehmen kann, bei etwas über 600 nm “Schluß” ist. Und hier schlägt die große Stunde der modernen astronomischen, monochromen CMOS-Kamera (nicht DSLR). Sie geht weit über die Wahrnehmung des Auges hinaus, sowohl ins Ultraviolette (links, hochfrequenter), als auch ins Infrarote (rechts, niederfrequenter) und bildet relativ gleichmäßig ab.

Vergleich Nachtsehen des Auges mit einer monochromen astronomischen CMOS-Kamera

Anmerkung: leider bringt dies auch einen unangenehmen Nebeneffekt mit sich, insbesondere für weniger gut korrigierte Objektive oder Teleskope mit (Zwischen-)Linsen. Da normale Fotoobjektive meist auf den “Grün-Bereich”  korrigiert sind, also dort die geringsten Abbildungsfehler produzieren fällt dies bei Tageslichtaufnahmen mit kurzen Belichtungszeiten nicht auf. Bei langen Belichtungszeiten werden aber rücksichtslos _ALLE_ Wellenlängen aufs Medium gebannt. Gibt es Abbildungsfehler, die in der Regel die Objekte unscharf werden lassen, so werden diese gnadenlos mit abgebildet – auch wenn das Auge dies nicht sieht. Dem kann man nur durch Filter Herr werden (siehe Kapitel Filter). 

Früher oder später wird jeder ernsthafte Astrofotograf deshalb entweder auf reine Spiegelsysteme umsteigen („RASA“), Optiken verwenden die hochkorrigiert und farbrein sind („APO“) und / oder qualitativ sehr hochwertige Zwischenoptiken zur Brennweitenverlängerung und Verkürzung oder sonstigen Korrekturen von Abbildungsfehlern (Koma beim Newton) einsetzen.  Dadurch wird die Angelegenheit natürlich nicht gerade billiger. Kaufwut hilft aber leider auch nicht weiter. Man muss wissen, was man tut, was man kombiniert, was Sinn macht und für den speziellen Einsatzzweck  benötigt wird.

Astronomische Objekte aus Kamerasicht

Um zu verstehen, wie die farbigen Bilder der astronomischen Objekte zustande kommen, muss man verstehen

  1. welche Arten von Licht die Objekte aussenden (emittierend, reflektierend)
  2. welche Kamera man verwendet und wie eine Kamera diese Wellenlängen abbildet.
  3. wie hell die Objekte  sind
  4. welche Ausdehnung sie am Himmel sie haben
  5. wie man die gemachten Aufnahmen hinterher “zusammenbaut” bzw.  verarbeitet

Kamerasicht -> Milchstrasse

Hier ist die Sache relativ einfach: unter einem relativ dunklen Himmel wird man einfach “lange” belichten und erhält ein “natürliches” Bild vom Sternenzelt, der Milchstraße und den darin enthaltenen großflächigen Objekten (Emissionsnebeln). Das Licht ist der Sterne ist sehr unterschiedlich, von gelb über orange, rot bis bläulich. Dies hängt unmittelbar mit der Temperatur der Sterne zusammen. Alle Sterne sind Punktlichtquellen, auch wenn dies auf Bildern durch die Überbelichtung bei sehr hellen Sternen nicht so scheint. Das Licht der Emmisionsnebel leuchtet meist rötlich, was auf den hohen Wasserstoffanteil zurückzuführen ist.  Filter (siehe unten) können ggf. helfen, die Lichtverschmutzung zu unterdrücken.

Kamerasicht -> Emmissionsnebel

Zoomen wir in die Emissionsnebel hinein, entdecken wir weitere Farben, die man direkt mit den Bestandteilen der Gase in Verbindung bringen kann. Die durch die größtenteils nicht (!) sichtbare ausgesendete hochenergetische elektromagnetische Strahlung benachbarter Sterne (Sternentstehungsgebiete) oder Zentralsterne (Supernova Überreste) werden die Gase zum Leuchten angeregt (vereinfacht formuliert). Die Emission von Licht lässt sich grob wie folgt den emittierten Wellenlängen zuordnen. Dabei fällt auf, dass die Gase in unterschiedlichen Bereichen Licht emittieren können. 

Die für die Astrofotografie wichtigsten Lichtwellen (Bereiche, in denen Emmissionsnebel leuchten)

  • Wasserstoff (H gamma)    434,0 nm        violett
  • Sauerstoff ([O III)]        436,3 nm        violett
  • Helium (He I)    I         468,6 nm        blau
  • Wasserstoff (H beta)        486,1 nm        blau
  • Sauerstoff ([O III])        495,9 nm         türkis
  • Sauerstoff ([O III])         500,7 nm        türkis
  • Helium (He I)             587,6 nm         gelb
  • Sauerstoff ([O I])         630,0 nm        rot
  • Stickstoff ([N II])         654,8 nm        rot
  • Wasserstoff (H alpha)     656,3 nm         rot
  • Stickstoff ([N II])        658,4 nm         rot
  • Schwefel ([S II])        671,6 nm         dunkelrot
  • Schwefel ([S II])         673,1 nm         dunkelrot

Das Spektrum mit den wichtigsten Bereichen, in denen astronomische Objekte Licht emittieren im Vergleich mit der Wahrnehmung des Auges bei Nacht bzw. mit einer monochromen CMOS Kamera

Kamerasicht -> Planeten

Planeten reflektieren das Sonnenlicht. Sie sind in der Regel recht hell. Sie stehen in unseren Breiten in der Regel recht niedrig und sind daher von Luftunruhe bzw. schlechtem Seeing  und atmosphärischer Dispersion / Refraktion betroffen.  Die Besonderheit beim Fotografieren machen daher mehrere Dinge aus:

  1. die Größe des Planetenscheibchens muss für den Kamerasensor “passen”. Daher verwendet man meist eine hohe Vergrößerung. Dies erreicht man durch die Verwendung von Teleskopen mit langer Brennweite (Vergleichbar mit einem starken Teleobjektiv). In Kombination verlängert durch  Brennweitenverlängerungsoptiken, sogenannte Barlow-Linsen.
  2. Kleine Kamerasensoren mit hoher Pixeldichte. In einem großen Kamerasensor  würde das Planetenscheibchen „untergehen“ und nur wenige Pixel bedecken. Mars in 10 Pixeln – nun das Ergebnis wäre entsprechend unspektakulär und eher dem berühmten  https://de.wikipedia.org/wiki/Pale_Blue_Dot ähneln, als einem detailreichen Bildchen.
  3. Kameras mit elektronischem Shutter verwenden, so dass Filme mit hoher Anzahl von Einzelbildern “gedreht” werden können. Dies reduziert die Unschärfe durch die Luftunruhe erheblich. Voraussetzung dafür ist, dass man eine Selektion der besten Bilder vornimmt und diese dann mit einer speziellen Software „verrechnet“ (Stacking). 
  4. Optiken zur Reduzierung der Atmosphärischen Dispersion
  5. Eine Montierung mit Nachführung (nicht unbedingt erforderlich, aber bei hohen Vergrößerungen praktisch unverzichtbar).

Interessant sind die Zeitpunkte der Opposition, wenn die Erde zwischen Sonne und dem Objekt steht und uns so der Planet seine volle Seite zuwendet. 

Filter vor der Kamera

Vorneweg möchten wir vor dem unüberlegten Einsatz von Filtern warnen. Viele Hersteller versprechen mit Ihren “Light Pollution” (Anti-Lichtverschmutzungs)filter sonstwas. Bitte recherchieren sie gründlich, bevor sie sich UHC, Light Pollution, Nebelbooster oder sonstige Filter zulegen und beschäftigen sie sich mit den Grundlagen der Spektren und was sie wirklich unter den gegebenen Bedingungen abbilden wollen und können. Filter haben viel mehr zu bieten.

Bevor wir in die Kameratechnik kurz einsteigen: wir machen unserer Aufnahmen in den lichtverschmutzten Gegenden der Städte oder Vorstädte (also doch wieder das L-Wort).

Wie schafft man es, bei den sehr lichtschwachen Objekten wie Emissionsnebeln und stundenlangen Belichtungen quasi ohne Störlicht von Straßenbeleuchtungen und anderen Störlichtern klar zu kommen? Die Antwort lautet “Schmalbandfilter” (oder von der Aufnahme her gesehen: „Schmalbandaufnahme“).  In den letzten Jahren ist die Technologie zur Herstellung qualitativ hochwertiger und relativ preisgünstiger Inteferenzfilter weit vorangeschritten. Ein Inteferenzfilter “schneidet” gezielt ein enges, meist 10 bis 20 Nanometer breites “Fenster” aus dem Lichtsprektrum. Man beschränkt sich dabei auf die Emissionen, in denen die Nebel am stärksten leuchten. Dies sind

  • Wasserstoff (wer hätte es gedacht)
  • Sauerstoff
  • Schwefel

Die Aufnahmen tätigt man mit einer sehr lichtempfindlichen Schwarzweiss Astro-Kamera durch, auch Monochrom-Kamera, oft “MM” im Namen im Unterschied zu “MC” für Color. Color-Kameras kommen an diese Empfindlichkeit nicht heran (zumindest bis heute nicht). Als Echtfarben-Referenzbild zu diesen Aufnahmen erstellt man ein sogenanntes LRGB-Bild. Dies sind 4 Bilder, die mit einem

  • Rot
  • Grün
  • Blau
  • UV/IR Sperrfilter (“Luminanz”)

getätigt werden. Also insgesamt 7 einzelne Filter. Diese werden üblicherweise in ein elektronisch geregeltes Filterrad fest eingeschraubt und mit der Kamera fest verbunden. Ein solches Setup kostet derzeit jedoch schnell weit mehr als 2000,- €. Nach oben keine Grenze, je nach Auflösung der Kamera, Größe und Qualität der Filter. Diese Kameras werden zur Unterdrückung von Sensorrauschen aktiv gekühlt.

Das Ergebnis sind Farbbilder, die  entweder die Farben „korrekt“ darstellen oder bewusst eine Falschfarbenpalette (z.B. Hubble) hinzunehmen  verwenden für die Hervorhebung der Aufnahmen mit bestimmten Filtern.  Diese Aspekte können beliebig gemischt werden. Der künstlerischen Freiheit bei der Hervorhebung der Teilaufnahmen in der Bildbearbeitung sind hierbei keine Grenzen gesetzt. Üblich es es jedoch, sich auf die Darstellung von wissenschaftlichen Aspekten, wie der Zusammensetzung von Nebeln (Sauerstoff, Wasserstoff, Schwefel, etc.) zu beschränken.

Aus verständlichen Gründen gibt es Alternativen. Viele haben zu Hause eine digitale Spiegelreflexkamera oder eine vergleichbare Systemkamera (heutzutage immer öfter spiegellos mit elektronischem Sucher). In Kombination mit speziellen („Dual“-) Schmalbandfiltern, die z.B. zwei der wichtigen Spektren (Wasserstoff / Sauerstoff) zur Verfügung stellen, lassen sich mit einigen fotografischen Bildbearbeitungstricks sogenannte “Tricolor-Aufnahmen” herstellen. Der Vorteil: man kann das vorhandene Equipment relativ einfach erweitern. Der Nachteil:die Lichtempfindlichkeit und Qualität der Aufnahmen (Sensorrauschen, Auflösung) von Monochromkameras wird und kann aus technischen Gründen nicht erreicht werden. Trotzdem zeigen zahlreiche Beispiele z.B. auf Astrobin wie hervorragend die Ergebnisse sein können. 

Kameratypen

Bridgekameras, Kleinstkamera mit integrierter Optik, Handy

Eher nicht geeignet für ernsthafte Anwendung auch wenn manche anderes behaupten mögen. Wenn man weiss, was man tut und was die Hardware im Kontext der Astrofotografie kann, können Aufnahmen mit Einschränkung gelingen. 

In jedem Fall geeignet zur Himmelsfotografie, wenn manuelle Einstellungen vorhanden sind. 

DSLR (digitale Spiegelreflexkamera) oder spiegellose Systemkamera 

Standard Spiegelreflex- oder spiegellose Systemkamera mit T2-Anschluss und Okulareinschub oder sonstiger starrer Adaption an den Okularauszug des Teleskops sind heutzutage mit hervorragenden Sensoren ausgestattet. Diese sind aber erstens für das Tageslicht optimiert (dies kann man aber bedingt ausgleichen), zweitens von der Empfindlichkeit nicht mit den später erwähnten monochromen Astrokameras vergleichbar aber was viel schwerer wiegt: sie sind nicht gekühlt. Kamerasensoren produzieren Fehler im Bild, die unter normalen Bedingungen nicht auffallen. Unter Langzeitbelichtung bei sehr sehr dunklen Motiven aber sehr wohl. Vieles kann man hier ausgleichen, doch dies ist aufwendig (aber es geht!).

Astromodifizierte DSLR oder Systemkamera

Hier wird die Empfindlichkeit im Rotbereich einer Farbkamera erhöht (H alpha). Dies wird durch Entfernen des Infrarot-Filters in der Kamera erreicht. Die Kamera ist nach der Modifikation nur noch eingeschränkt „out of the box“ zu verwenden, da die Bilder einen rosa Farbstich haben (es muss ein spezieller, vom Modell abhängiger Weißabgleich durchgeführt werden). Es gilt ansonsten das zuvor Gesagte.

Farb-CCD / -CMOS für den astronomischen Einsatz

Deep-Sky: wie auch bei der DSLR kommt  man hier im “Single Shot” Verfahren – also mit nur einem “Schuß” ohne den Einsatz multipler Filter schnell zu einem Ergebnis. Die Qualität gekühlter professioneller Astro-Kameras namhafter ist hervorragend. Der Einsatz von Dual-Schmalbandfiltern zum Erstellen von Tricoloraufnahmen (siehe DSLR) liefert auch in lichtverschmutzten Gebieten gute Ergebnisse. Im Vergleich zur Monochrome-Kamera gilt technisch das für die DSLR gesagte. Ausnahme: professionelle astronomische Farbkameras sind gekühlt und vereinfachen dadurch den Workflow der Bilderstellung erheblich und heben die Qualität der Aufnahmen.  Aber auch hier ist man schnell im 4 stelligen Bereich angelangt oder weit darüber hinaus (je nach Auflösung und Qualität). 

Bei Planeten ist eine RGB Astro-Kamera erste Wahl und eine Kühlung ist nicht nötig aufgrund der kurzen Belichtung der  Einzelaufnahmen. Wichtig ist bei Planeten eine hohe Framerate damit das Seeing kompensiert werden kann durch die anschließende Weiterverarbeitung der Einzelaufnahmen (man nimmt zieht hier die Einzelbilder eines Videos heran). Zudem ist aufgrund der sehr kleinen Winkelausdehnung der Planeten eine Kamera mit möglichst geringer Pixelgröße von Vorteil, damit das Bild nicht zu klein wird.

Monochrom CMOS Kamera für den astronomischen Einsatz

Kein ernsthafter Astrofotograf wird derzeit an der Kombination einer hochwertigen, gekühlten monochrom Kamera und eines Interferenz- und LRGB-Filtersatzes (siehe oben) vorbei kommen um in lichtverschmutzten Gegenden hochwertige Aufnahmen zu erzielen.  

Nachteile: 

  • (sehr) teures Equipment, das den Wert des Teleskops deutlich übertreffen kann. Zusammen mit einer guten Teleskopmontierung ist man schnell bei einer höheren 4-stelligen Summe
  • komplexes Aufnahmeverfahren, dass ohne den computergestützten Einsatz fast unmöglich ist
  • lange Aufnahmeserien unter Einsatz von 3 oder 7 Filtern
  • aufwendige Bildbearbeitung

Vorteile:

  • man sehe sich die Bilder unserer Fotografen des Kalenders von Deep Sky objekten an, die sprechen – denken wir – für sich

Field of View – FOV

  • “Was passt auf meinen Sensor, also wie viel Grad am Himmel?”
  • “Wie groß erscheint an meinem Teleskop das Objekt auf meinem Sensor?”
  • “Wie fein werden Details abgebildet?”
  • “Wie genau muss meine Nachführung sein?”

Diese und noch mehr Fragen muss sich ein Astrofotograf stellen, wenn er die Objekte seiner Begierde mit einem (seinem) Teleskop Setup abbilden will. 

Jede Kamera / Zusatzoptik / Teleskop – Kombination hat Ihr “eigenes” Bild. 

Das führt oft dazu, dass nicht nur eine Kamera mit einer Sensorgröße bzw. Auflösung, sondern zwei oder mehrere im Laufe der Zeit angeschafft werden. Zusatzoptiken wie Brennweitenverlängerung (Barlow) oder Reduzierung (Reducer) oder gar komplett verschiedene Teleskoptypen werden eingesetzt. Ein Linsenteleskop mit kurzer Brennweite und viel Übersicht, ein Newton Spiegel für viel Lichtsammelleistung bei mittlerer Brennweite oder ein Spiegelsystem (katadioptrisch)  mit sehr langer Brennweite und weniger Öffnung zu Ungunsten der Lichtsammelleistung.

Hier einige Kamera / Teleskop-Beispiele im Zusammenspiel mit einer Canon 1000D mit APSC Sensor) für  Messier 8, den Lagunen-Nebel, die M31 – Andromedaglaxie, die M45 – Plejaden und Jupiter (Achtung, hier wurde eine 4x Brennweitenverlängerung verwendet):
Quelle / erstellt mit: https://astronomy.tools/calculators/field_of_view/

 

Glücklicherweise ist in der Astrofotografie die Sache etwas einfacher, da wir lediglich eine Kamera vor oder an die Optik schnallen müssen. Viele Anwendungsbereiche  lassen  sich dadurch mit den eben genannten Zwischenoptiken an geeigneten Systemen lösen. Manche Hersteller haben das erkannt und bieten maßgeschneiderte Systeme an (Hyperstar). Aber auch dies hat im wahrsten Sinn des Wortes seinen Preis. Sparen sollte man hier zwar nicht, aber man muss auch nicht immer alles gleich haben.  Besondere Fälle, wie die Sonnen- und Planetenfotografie bedürfen ganz spezieller Zusatzteile, die leider auch nur für diesen Zweck zu gebrauchen sind. Wir hören immer wieder von Leuten, die sich Equipment im Werte von Kleinwagen zugelegt haben und diese vermotten im wahrsten Sinne des Wortes (ja, es gibt Glaspilz), auf dem Speicher, weil sie es nie gelernt haben zu bedienen.

Aber wie berechnet man nun die FOV? Tut man das überhaupt? Ja, aber in Zeiten von Internet und computergestützter Astrofotografie ist heute jedes Hilfsprogramm zur Astrofotografie in der Lage, die genaue Größe des Objektes auf dem Sensor anzuzeigen – und zwar vor der Aufnahme. Auch viele Handy- oder / und Planetariumsprogramme können dies. 

Noch einfacher geht es mit dem Webservice https://astronomy.tools, den wir an dieser Stelle ganz besonders empfehlen. Suchen sie sich z.B eine Ihnen bekannte DSLR-Marke heraus und testen sie ein Objekt wie die Plejaden (M45)  oder den Orionnebel (M42), Andromeda (M31) oder den Krebsnebel (M1) einmal mit einem Teleskop wie einem C8 (2000mm Brennweite), einem 10’’ Newton (1000mm Brennweite) oder einem Refraktor mit 500mm Brennweite.  Dann packen sie dazu einmal Barlow oder Reducer und vergleichen die Ergebnisse. Sie werden erstaunt sein, für was ein einfacher Newton aus seiner Mittenposition heraus mit etwas Zusatzoptik ausgestattet alles vermag. 

Vergleichen sie es auch einmal mit der tatsächlichen Größe am Himmel (Stellarium) oder der Sicht aus einem Feldstecher (suchen Sie nach “Binocular” in den Astronomy Tools).

Nachwort

Wir hoffen, wir konnten etwas „Licht“ in die Entstehungsgeschichte von astronomischen Aufnahmen bringen. Dabei haben wir nur an der Oberfläche gekratzt, dessen sind wir uns bewußt. Kommen sie gerne in unsere Vereinststammtische, auf einen Beobachtungsabend und schauen den Profis über die Schulter, oder werden sie Mitglied. Es lohnt sich, denn alle Theorie ist grau.

Nichtsdestotrotz folgt nun ein Kapitel zu externen Links und Medien zur Wissensvertiefung in den Themen Astrofotografie und Astronomie.

Clear Skies

Links und Literatur zur Wissensvertiefung

Hinweis: dies ist nur eine unverbindliche Auswahl für das Grundverständnis und stellt auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit dar.

Astrofotografie

Musik / Hörbücher und Podcasts zu Astronomie im Allgemeinen

In einsamen Nacht hat man Zeit. Hey, das ist mal ganz was Neues: ein Hobyy, das einem Zeit bringt. Nutzen sie die Zeit!

Textlinks aus diesem Artikel

About the Author:

Leave a Reply

*